Mein Traumdate mit dem Wacom Cintiq 13HD Graphic Tablet
Produkttest

Mein Traumdate mit dem Wacom Cintiq 13HD Graphic Tablet

Mariana Hurtado
23.11.2016

Wenn dich jemand fragt, was du kaufen würdest, wenn Geld keine Rolle spielen würde, was käme dir als erstes in den Sinn? Für mich waren es schon immer, ohne zu zögern, sechs Buchstaben: Cintiq.

Als ich 15 war, also vor über 10 Jahren, habe ich von meinem Onkel als Lohn für das Aufräumen seiner Musikbibliothek mein erstes Pen-Tablet erhalten; Ein Wacom Graphire 4. Wir reden hier von einem kleinen Plastik-Rechteck mit knapp vier Zoll Platz für meine Striche, die über einen USB Port direkt an meinen Computer weitergeleitet wurden. Bye bye, Scanner! Seither träume ich von dem Moment, in dem ich das alles direkt auf einem Screen machen kann, mit denselben Features: Druckempfindlichkeit, grossartige Präzision, Knöpfe am superleichten Stift für Shortcuts, einem Radierer, den die meisten Programme sofort erkennen. Und direkt über meiner digitalen Kunst: mein Handgelenk, das sein Ding macht.

Dieser Tag ist endlich gekommen, und ich muss zugeben, es war fantastisch.

In der Box

Nachdem ich den ersten Schock verdaut hatte, das Gerät tatsächlich vor mir zu haben, startete ich das rituellste Unboxing meines Lebens. Da war er, zuoberst auf allem anderen; Der elegante 13-Zoll-Screen, der eine Welt voller Erwartungen beinhaltete. Mit 1.2 kg ist er etwas schwerer als ich erwartet hatte, andererseits hat ein gängiges Tablet keine 2048 Druckempfindlichkeitsstufen und trägt nicht das Gewicht der Träume eines Digital Artists auf den Schultern. Darunter lag der Ständer mit drei einstellbaren Winkeln, nicht ganz so elegant wie der Screen, aber mit einer schönen Aluminiumfläche, die die meiste Zeit seines Lebens mit dem Gesicht auf deinem Schreibtisch verbringen wird. Schlussendlich noch das grandiose Case mit dem Stift und den Ersatzspitzen, neben dem Kabel, das meinen Träumen Leben einhauchen würde.

Das Setup

Mit Ambient-Musik im Hintergrund und einem Glas Wein war ich bereit für das erste Erlebnis. Der Treiber war schon auf meinem Computer installiert, bevor ich überhaupt das Paket erhalten hatte. Eine schwarze Ledermatte lag bereit, um zu verhindern, dass das Cintiq auf meinem unwürdigen Schreibtisch herumrutscht.

Den Screen auf dem Ständer zu platzieren war wiederum eine Qual. Es hat eine Weile gedauert, es hinzukriegen. Sogar dann musste ich ihn immer mal wieder neu richten, weil das Tablet aus der Halterung rutschte. Das hat mir aber den Moment nicht wirklich vermasselt, sondern eher die Vorfreude gesteigert.

Nun der Moment der Wahrheit; Ich musste das Kabel einmal mit dem Tablet verbinden, den Strom-Teil des anderen Ende mit der Steckdose und schliesslich den USB-und HDMI-Teil desselben Kabels mit meinem Computer - letzteren via einen mini Display-Adapter (danke, Apple) - uuuuund… NICHTS!!! Natürlich war mein Adapter kaputt, war ja klar. Nach einer Notfall-Bestellung auf digitec.ch und einem Trip zum Store sah ich endlich meinen Desktophintergrund in all seiner High Definition-Pracht.

Die Zeit, meine Träume zu verwirklichen, war da.

Ich würde mein Weinglas natürlich nicht auf die selbe Oberfläche stellen wie mein Cintiq. Gott behüte, ich bin schliesslich kein Primitivling.

Im Screen

Während ich versuchte, meine Begeisterung etwas zu zügeln, bin ich mit noch immer hohen Erwartungen die erste Anwendung angegangen. Ich muss zugeben, es war direkt aus der Verpackung sehr gut kalibriert, es nochmals zu machen schadete aber sicher nicht. Es gibt eine merkliche Parallaxe von etwa 1mm, besonders von der Seite. Das heisst, dass ich die Spitze etwa einen Millimeter vom Beginn der Linie auf dem Screen entfernt gesehen habe. Aber nachdem man einmal angefangen hat zu arbeiten, vergisst man das völlig.

Um eine Idee zu kriegen, wie gross die Parallaxe ist, hier ist der Stift auf dem Bildschirm und darunter der Cursor.

Der Screen hat ein mattes Finish, dass dir die von Wacom gewohnte Textur bietet. Es vermittelt das Gefühl, auf Papier zu arbeiten und hält auch intensivem Gebrauch stand. Jeder andere Screen würde Kratzer kriegen und schnell abgenutzt werden, aber das Cintiq 13HD wurde für heavy-duty-Anwendung entwickelt, und das fühlt man auch.

Für einen Digital Artist sind Shortcuts sehr wichtig, um den Workflow so flüssig wie möglich zu halten. Dafür sind die ExpressKeys gedacht. Die Standardeinstellungen ergaben für mich überhaupt keinen Sinn, andererseits hätten wohl keine zwei Künstler hier die selben Vorstellungen. Glücklicherweise sind die Einstellungen recht übersichtlich aufgebaut und es ist einfach, sie an die eigenen Bedürfnisse anzupassen. Sie beinhalten auch einen Satz virtueller Tasten, für diejenigen, die gerne mehr Optionen schnell zur Hand haben. Die zwei zusätzlichen Knöpfe am unglaublich leichten Stift ergänzen dazu nicht nur das Erlebnis wunderbar, sondern sind auch perfekt an Orten platziert, wo sie nie störend sind.

Bei der Arbeit

Die 1080p Auflösung und die Helligkeit des Bildschirms liefern ein knackiges Bild, aber wer sich einen 15-Zoll-Screen gewohnt ist, wird erst alles etwas zu klein finden. Am Ende des Tages, sobald man im Arbeitsmodus ist, merkt man aber die Grösse des Screens überhaupt nicht mehr - oder dass man überhaupt auf einem Screen arbeitet. Die Textur, Druckempfindlichkeit und fantastische Präzision führen zu einem sehr immersiven Erlebnis, das jegliche Nachteile überschattet. Parallaxe? Welche Parallaxe?

Etwas Spass mit Farbstiften, Wasserfarben und Kreide. Das Ganze hat sich angefühlt wie echt, nur ohne die Sauerei und mit einer zurück-Funktion.

Bis man sich entscheidet, eine wiiiiiiirklich lange Linie zu machen während man eine mittelmässige Grafikkarte benutzt, und es anfängt zu ruckeln, oder wenn man den Radierer sehr schnell auswechselt. In meiner Erfahrung hing das etwas von der Software ab. Während es in Photoshop fast nie passierte, musste ich im Corel Painter dem Cintiq mehr Zeit geben, zu registrieren, welche Seite des Stiftes ich benutze, so dass ich nicht weiter zeichnete, statt zu radieren.

Und dann ist da noch der Ständer. Ich weiss nicht, wer das Ding designt hat, aber diese Person sollte entlassen werden. Du hast Lust, diesmal in einer etwas tieferen Position zu zeichnen? Dann bereite dich darauf vor, zuerst fünf Minuten lang rumzubasteln bis das Tablet mehrheitlich stabil steht, nur damit es zwei Minuten später wieder aus der Halterung rutscht. Wacom hat es geschafft, eine papierartige Textur auf dem Screen hinzukriegen, aber eine Halterung zu bauen, die dich diesen intuitiv und angenehm hinstellen lässt, war offenbar zu viel verlangt.

Alles in allem liefert das Cintiq 13HD Graphic Tablet das beste Erlebnis ab, das sich ein Digital Artist wünschen kann, mit einem qualitativ hochwertigen Screen und einem bequemen Stift. Wacom hat es mal wieder geschafft und meine hohen Erwartungen erfüllt. An ein paar kleinen Details könnte noch geschliffen werden, aber die sind vernachlässigbar - solange der Hersteller nicht in den Ständer-Markt einsteigen will. Wacom war schon immer der König der Pen-Tablets, und das mit gutem Grund. Lang lebe der König!

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Mariana Hurtado
Grafik-Designerin

Grafik-Designerin, Pokémon-Trainerin, tech-savvy und keine Schriftstellerin. Seit 2014 bin ich in der Schweiz. Ich führe einen steten Kampf gegen schlechtes Design.


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