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BMW iNext: Das Auto ohne Armaturen

Smarte Technologie braucht nicht zwingend einen Bildschirm. Manchmal braucht sie vier Räder und ein Steuerrad. Ein Blick ins Innere des BMW iNext, des Concept Cars, das Auto mit smarter Technologie verschmelzen lässt.

«Meinst du, das Auto ist besser als die fahrende Kartoffel von gestern», fragt Videoproduzentin Stephanie Tresch auf dem Weg in den BMW-Pavillon an der CES 2019 in Las Vegas. Sie spielt auf die Fahrt mit dem Aurrigo PodZero an, die nun wirklich nicht als entspannt bezeichnet werden kann.

Der deutsche Autohersteller BMW zeigt einige neue Modelle und das Teil, weswegen wir hier sind: Den BMW iNext. Das Auto ist ein Auto, das eigentlich keines ist. Es ist ein Concept Car. Voll funktionsfähig, aber halt noch Zukunftsmusik. Der BMW iNext soll zeigen, was die Autoindustrie so plant und wie das Autofahren sich entwickelt. BMWs Idee ist vor allem dahingehend spannend, dass der Hersteller nicht auf autonome Fahrzeuge setzt, sondern am Konzept des Fahrers festhält. Zumindest teilweise.

Das Armaturenbrett ist nur noch zwei Bildschirme

Von aussen sieht der BMW iNext wie ein etwas futuristisches Auto aus. In Roségold gehalten leuchten die Türen, die Motorhaube und das Heck dank LED-Streifen blau. Dazu die normale Beleuchtung des Autos. Wir scherzen, dass der iNext so schon nicht auf Schweizer Strassen zugelassen wäre. Wir erinnern uns dunkel an die Zeiten des Hollywood-Films «2 Fast 2 Furious», nach dem alle Autotuner eine farbige Unterbodenbeleuchtung wollten, sie aber nicht bekamen.

Doch BMW hat das Auto aussen einfach nur schick gestaltet, rein ästhetisch. Denn der iNext zeigt im Innenraum, was das Fahrzeug der Zukunft so drauf hat. Dort, wo das Armaturenbrett ist, sind zwei Bildschirme befestigt. Darauf sollen alle für die Fahrt wichtigen Daten angezeigt werden und Interaktion mit dem vollständig smarten Fahrzeug und Peripheriegeräten wie dem Smartphone erfolgen.

Im Fussraum des Fahrers sind keine Pedale zu sehen. Erst beim zweiten Hinsehen siehst du, dass Gaspedal und Bremse in den Boden des Fahrzeugs versenkt sind. Das ist beim autonomen Fahren so, damit der Fahrer Beinfreiheit hat und nicht dem Auto ins Fahren hineinpfuschen kann. Wenn der Fahrer aber übernimmt, so werden die Pedale ausgefahren. Da der iNext natürlich automatisch geschaltet wird, gibt es keine Kupplung mehr. Der Schaltknüppel entfällt. Warum die oben hölzerne Mittelkonsole an der Seite leuchtet, ist aber nicht ganz klar. Viele Befehle sollen über Sprachkommandos erfolgen. Ob ein «Hey, BMW, schalte in den dritten Gang» aber so schnell geht, wie den Schaltknüppel von hinten links nach vorne Mitte zu drücken, bezweifle ich mal stark.

Doch so wirklich beeindruckend ist das alles nicht. Kosmetische Änderungen und etwas fancy Tech. Mehr nicht. Doch damit ist der iNext noch nicht am Ende. Der Futurismus zeigt sich auf der Rückbank.

Die Rückbank des 21. Jahrhunderts

Der erste Blick auf die Rückbank durch die Türen, die nach hinten öffnen und nicht nach vorne – von Autofreaks «Suicide Doors» genannt – zeigt ein recht kahles Interieur. Wo sind die Bildschirme? Wo die smarten Elemente, die Klima und Sitzheizung die wasauchimmer regeln? Zudem sieht das Polster da hinten auch nicht so dermassen bequem aus. Kennst du die neuen SBB-Züge, die immer mal wieder in der Kritik stehen? Die Sitze im Zug sind nicht direkt weich und bequem, aber sie sind auch nicht wirklich unangenehm. Etwa so sieht die Rückbank des iNext aus. Aber tatsächlich sind die Sitze etwas bequemer. Natürlich geht es weicher und wärmer, aber darum geht es beim iNext nicht.

Denn Concept Cars sind so eine Sache. Gewisse Elemente sehen produktionsfertig aus, andere sind noch im Entwurfsstadium und im Wesentlichen eine Techdemo. Wo das Cockpit fertig wirkt, hat die Rückbank wohl noch etwas Arbeit nötig.

Die Rückbank selbst ist ein Bedienelement. Wenn du mit dem Finger auf der Rückbank irgendwo einen Kreis zeichnest, weist du das Auto an, die Musik anzumachen. Alle Gesten, die du von Smartphones und Tablets her kennst, funktionieren auch auf der Rückbank. Pinch-Zoom regelt die Lautstärke, Swipe-Bewegungen navigieren zwischen Songs hin und her.

Das macht Knöpfe und Regler und Armaturen überflüssig, denn der Sitz selbst ist die Armatur. Der Vorteil: Das Innere des Fahrzeug kann verschlankt werden und Passagiere haben mehr Platz. Vor allem aber ist die touchempfindliche Rückbank wegweisend. Systeme werden nicht mehr mit dem Auto verbunden, Elemente verschwimmen und die Philosophie des Zero UI, des unsichtbaren Bedienelements, wird weiter fortschreiten.

Ferner ist über der Rückbank ein Projektor angebracht. Hältst du eine glatte Oberfläche – ein Blatt Papier oder ein Whiteboard – in den Händen, projiziert das Auto Inhalte darauf. Bildschirme in den Vordersitzen und dergleichen werden so ein Relikt aus alter Zeit.

Wann kommt der BMW iNext?

Der iNext ist ein Konzept, also eine Ansammlung von Entwürfen für künftige BMWs. Das britische Automagazin Car Magazine glaubt zu wissen, dass der iNext dereinst als BMW iX7 auf den Markt kommen soll. Anno 2021 oder so. Aber das Magazin selbst gibt zu, dass das «alles andere als bestätigt» ist. Dass der iNext nicht so wie an der CES gesehen auf den Markt kommen wird, ist beim Ansehen schon fast klar. Es fehlen die Rückspiegel. Sie werden zwar durch Kameras ersetzt, aber es ist nur schwer vorstellbar, dass das Strassengesetz so mal fix für ein futuristisches Auto angepasst wird.

Viel eher werden wir die Elemente und Ideen des iNext oder Varianten davon in den künftigen Modellen BMWs sehen. Die Rückbank könnte sich auf einmal in einem Modell der M-Serie finden, das Steuerrad in der X-Serie. Oder Car Magazine behält recht und der iX7 ist im Wesentlichen das, was die Besucher der CES ansehen können. Aber der erste Eindruck beweist: Der iNext hat massiv Potenzial, sieht schick aus und weist den Weg.

Alle Artikel zur CES 2019 findest du hier.

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Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.


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