5 Podcasts, die deinen Alltag verbessern
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5 Podcasts, die deinen Alltag verbessern

Podcasts fristen in der Schweiz ein Nischendasein. Doch international macht das Format Fernsehserien und -dokumentationen Konkurrenz. Ein Blick auf eine hierzulande in der Regel stinklangweilige Unterhaltungsform.

Mein Morgenprogramm sieht immer gleich aus. Aufstehen, WC, Bluetooth Speaker an, Dusche, Kleider, Frühstück, grundsätzliche Hinterfragung des Sinns und Zwecks der Welt und der Uhrzeit, Stiefel, Fussmarsch, Bus den Hügel hinauf. Ich brauche diesen Ablauf, denn ich werde frühestens im Lift ins Büro wach. Dieser Ablauf hat fast schon robotische Züge. Einzig die Sache mit dem Bluetooth Speaker, da gibt es Variation. Denn jüngst habe ich Podcasts für mich entdeckt.

Podcasts sind so eine Sache und ich werfe mal ein Statement in die Welt, mit dem Podcast-Produzenten aus hiesigen Gefilden nicht einverstanden sein werden: Podcasts auf Deutsch sind Scheisse. Jede Episode eines deutschen Podcasts dauert gefühlte 500 Jahre um auf den Punkt zu kommen, die Sprecher gurken irgendwie gelangweilt in einem Studio rum und faseln was daher, und am Ende hat dann keiner Spass.

Ennet em Teich aber geht was. Da sind Podcasts etwas, das Kultur, Stil, Konzept jenseits von «Komm, wir hocken mal hin, gehen davon aus, dass unser stupides Gesabbel alle interessiert, und quälen unsere Hörerschaft damit» und vor allem eines: Gute Inhalte, seien sie real oder fiktiv. Witze zünden, die Stories sind interessant und die Produktion ist weit jenseits von «einer oder mehr Clowns am Stammtisch».

Daher eine Top 5 der Podcasts, die sich lohnen, gehört zu werden.

Sword and Scale

Sword and Scale beweist, dass die schlimmsten Monster real sind. Host Mike Boudet erzählt mit sanfter Radiostimme True Crime Stories, Geschichten von Verbrechen, die sich tatsächlich zugetragen haben. Er redigiert seine Podcasts so, dass seine Meinung nur immer stellenweise auftaucht und lässt seine Zuhörer mit ihren Emotionen alleine.

Nebst fast schon normal klingenden Fällen wie der einer entführten Frau, die in einer US-Kleinstadt über mehrere Tage hinweg von einem Serienkiller festgehalten, vergewaltigt und gefoltert wurde, deckt Boudet auch wirklich irre Fälle ab. In Episode 62 rollt er die Geschichte von Jenelle Potter auf. Die junge Frau hat sich online als Geheimagent und Geliebter ihrer Selbst ausgegeben und ihren Vater angestiftet, zwei Menschen zu töten. Dies, obwohl es aus der Perspektive Dritter offensichtlich war, dass die Geschichte nicht stimmen konnte.

Kurz: Boudets Podcast ist die perfekte Kombination aus Kopfschütteln, dem Blick in den Abgrund, Dokumentation und Gänsehaut.

The Black Tapes

The Black Tapes dokumentiert die Arbeit von Richard Strand, einem wissenschaftlichen Skeptiker und Erforscher von paranormalen Phänomenen. Der Podcast, aufgemacht wie eine gute Radio-Doku, ist rein fiktiv. Weder Host Alex Reagan noch Richard Strand existieren wirklich, doch die Geschichte um schwarze Videokassetten, auf denen Geister, Dämonen und anderes Unheimliches zu sehen sein sollen, wird schnell von einer lustigen halbstündigen Doku zu einer Story über den Weltuntergang, Bilokation und zwei Menschen, die sich dem mehr oder weniger machtlos gegenübersehen.

Der Podcast aus den Studios der Pacific Northwest Stories hat einen hohen Produktionsstandard, imitiert gekonnt den Stil der preisgekrönten Podcast-Doku Serial und tänzelt auf der schmalen Linie zwischen Realität und Fiktion. Denn auch wenn Konzepte wie die Order des Cenophus absurd anmuten, bleibt immer so der Zweifel, ob die Vorkommnisse im Podcast nicht doch irgendwo einen realen Hintergrund haben können.

How Did This Get Made?

How Did This Get Made? geht der Frage auf den Grund, wie schlechte Filme zustandekommen konnten. Dazu analysieren die drei Hosts Paul Scheer, Jason Mantzoukas und June Diane Raphael, oft mit Gästen und Live-Publikum, die Geschichten, die in den Filmen erzählt wird.

Die Rollen sind klar verteilt: June hinterfragt in der Regel alles und versteht nicht, wie das alles so weit kommen konnte, Jason hat wilde Theorien und beleidigt das Publikum und Paul versucht, das alles irgendwie in Schach zu halten. Das Resultat ist viel besser als die Filme, die die drei besprechen. In Teenage Mutant Ninja Turtles II beraten sie über die abstossende Sinnlichkeit des Pizzaessens und in Hurricane Heist wird hinterfragt, wieso eine Figur in einem Film über einen Sturm Breeze (deutsch: Brise) heisst. In der Episode zu The Disaster Artist, in dem alle drei Hosts übrigens auftreten, ist Regisseur James Franco sogar zu Gast und in The Room ist Star Greg Sestero zu Gast.

Die drei Hosts schaffen es jede Woche, unterhaltsam, lustig und überraschend zu sein. Zudem ist der Titelsong der Live Shows ein Ohrwurm sondergleichen.

Alice Isn't Dead

Alice Isn't Dead erzählt die Geschichte der Truckerin Keisha, die auf der Suche nach ihrer verschwundenen Ehefrau ist. Schnell wird klar, dass die Ehefrau dunkle Geheimnisse hat, tatsächlich nicht wie angenommen tot ist und eventuell ganz gute Gründe hat, sich von der Gesellschaft loszusagen. Denn da sind die Distel-Männer. Sie sind Serienkiller, die nahezu unsterblich sind, und einst Männer waren, die vom abstrakten Konzept des Hasses und der Wut übernommen wurden. All dem sieht sich Keisha in einem Lastwagen gegenüber.

Der Podcast, brillant erzählt von Jasika Nicole auf dem Funkgerät ihres Trucks, wird von Joseph Fink geschrieben, dem Autoren hinter Welcome to Night Vale, einem anderen Podcast, der grosse Erfolge feiern durfte. Doch anders als die Radiosendung aus dem fiktiven Wüstenstädtchen Night Vale hat Alice Isn't Dead eine klare Richtung und verliert den Humor und den Horror nicht aus den Augen.

Wo Night Vale oft verplant und zufällig wirkt, schafft es Alice, dich als Hörer zu fesseln und eine Welt aus Benzin, Kannibalismus und Mystik zu versetzen.

Der Hackerfunk

Der eine deutschsprachige Podcast, den ich verfolge und der dem mir verhassten Format des «ein paar Typen, ein paar Stunden, ein Mikro» folgt, ist der Hackerfunk. In Podcast-Episoden die selten unter 90 Minuten lang sind erzählen die Hosts Venty und Axel neues aus der Techszene mit einem distinktiven Schweizer Einschlag.

Denn auch wenn die Welt und das Internet gross sind, liefern Venty und Axel für Schweizer redigierte News und Analysen aus der Welt der Technologie und der Security. In der aktuellen Folge sprechen sie über Online-Bibliotheken wie Wikipedia. Dabei analysieren sie fast beiläufig eine Technik namens Skeumorphismus, in der Daten oder Waren so aufbereitet werden, dass sie gefallen oder besser und wertvoller wirken, als sie eigentlich sind.

So. Fertig. Hört mal rein, ihr werdet es nicht bereuen.

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Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.


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